Schwangerschaft bei Diabetes
Die Betreuung und richtige Beratung von Schwangeren mit Diabetes ist eine wichtige Aufgabe für Ärzte und Diabetesberater/innen. Zudem ist eine strenge Einstellung des Blutzuckerspiegels und Disziplin bei der Ernährung auf keinen Fall zu unterschätzen.

Schwangerschaft trotz Diabetes?
Bei Frauen mit guter Stoffwechsellage bei Typ 1-Diabetes, die keine Diabetes-Folgeerkrankungen haben, ist eine komplikationsfreie Schwangerschaft möglich. Trotzdem sollte eine Schwangerschaft geplant sein, damit die Blutzuckerwerte im Vorfeld schon im Normbereich liegen. Denn es bestehen Gesundheitsrisiken für das Kind, aber auch für die Mutter. Vor einer Schwangerschaft sind deshalb Untersuchungen nötig, die das Risiko abschätzbarer machen. Vor allem sind diabetesbedingte Folgeerkrankungen festzustellen, die eine Gefahr für die Schwangere und den Fötus bedeuten.

Bereits vor der Schwangerschaft sollten folgende Untersuchungen stattfinden:
• Augenärztliche Untersuchung
• Blutbild
• HbA1c
• Untersuchung auf periphere und autonome Neuropathie
• 24 h-Sammelurin für Kreatinin-Clearance
• basales TSH

Es besteht ein Risiko für das Kind, ebenfalls an Diabetes zu erkranken, wenn einer der Elternteile an zu hohen Blutzuckerwerten leidet. Mit einem Risiko von ein bis zwei Prozent, wenn die Mutter Typ 1-Diabetes erkrankt ist und mit einem Risiko von zwei bis vier Prozent, wenn der Vater unter Typ 1-Diabetes leidet, wird das Kind ebenfalls an Diabetes erkranken. Haben beide Elternteile Diabetes, so liegt das mittlere Risiko bei zehn Prozent, dass das Kind später auch einen Typ 1-Diabetes entwickelt.

Risiken für Kind und Mutter
Statistisch gesehen führen zwei bis vier Prozent der Schwangerschaften von Müttern mit Typ 1-Diabetes zu einem fötalen oder neonatalen Tod. Wenn die Stoffwechselregulation gut ist, ist auch das Risiko nicht stärker erhöht als bei gesunden Müttern.

Es gibt einige Einflussfaktoren, die die Lebenschancen eines Säuglings beeinflussen. Generell treten diese als Folgen einer schlechten Stoffwechseleinstellung der Mutter auf. Dazu gehören zum Beispiel Sauerstoffmangel: ausgeprägte Hyperglykämien hemmen die Surfactantsynthese (Substanz zur Auskleidung der Atembläschen) der Lunge, so dass ein Atemnotsyndrom entstehen kann), erhöhte Plättchenaggregation, Laktazidämie , Polyzythämie oder auch hypertrophische Kardiomyopathie.

Ein Faktor, der viele Frühgeburten verursacht, ist die diabetische Nephropathie, die bei fünf Prozent der Typ 1-Diabetes-Schwangerschaften auftritt. Trotzdem kommen in 90 Prozent der Fälle die Kinder gesund zur Welt. Das Risiko für die werdenden Mütter ist außerdem erhöht, wenn sie unter Proteinurie, erhöhten Kreatininwerten und Bluthochdruck leiden. Durch die Schwangerschaft besteht zudem das Risiko, dass sich eine bestehende diabetische Retinopathie verschlechtert. Bei diesem Problem gibt es allerdings die Möglichkeit einer Laserphotokoagulation.

Im ersten Trimenon werden alle Organe des Körpers beim Feten angelegt. Eine Hyperglykämie der Mutter wird bis zur 12. Schwangerschaftswoche automatisch auf den Feten übertragen, da dieser noch kein Insulin produzieren kann. Schwere kongenitale Missbildungen treten zwei bis viermal häufiger auf als bei Kindern von gesunden Müttern. Das entspricht einem Risiko von fünf bis zehn Prozent für Missbildungen bei einem Kind. In Studien wurde der Nachweis erbracht, dass die Missbildungen vor der siebten Schwangerschaftswoche auftreten und zu Neuralrohranomalien, Herzfehlbildungen sowie renalen oder gastrointestinalen Abweichungen führen können.

Ab der 12. Schwangerschaftswoche beginnt die Bauchspeicheldrüse des Kindes zu arbeiten und Insulin zu produzieren. Ist der Diabetes der Mutter schlecht eingestellt, so kommt es zur verstärkten Insulinbildung des Kindes mit schnellem Wachstum (Makrosomie) desselben, wodurch später Geburtsprobleme auftreten können. Eine Makrosomie kann auch bei Gestationsdiabetes entstehen.

Mit dem Eintritt einer Schwangerschaft bleibt der Insulinbedarf zunächst gleich oder ist sogar gering reduziert. In den ersten drei Monaten ist daher die Gefahr einer Hypoglykämie am grössten. Ab der 26. Schwangerschaftswoche steigt der Insulinbedarf der schwangeren Frau bis zur 36. Woche an. Anschliessend bleibt er gleich oder fällt er wieder gering ab. Deshalb sind die Insulindosen in allen Phasen der Schwangerschaft ständig anzupassen. Im Wochenbett sinkt der Insulinbedarf wieder deutlich ab.

Auch für die Mütter ist die Schwangerschaft mit einem gewissen Risiko verbunden. So ist die Infektionsanfälligkeit und –häufigkeit stärker ausgeprägt, als bei Frauen ohne Diabetes. Das Risiko, mindestens einmal eine Infektionsepisode zu erleiden, liegt bei 80 Prozent und damit fast dreimal höher als bei Frauen ohne Diabetes. Postpartale Infektionen treten sogar fünfmal häufiger auf, Pyelonephritis viermal häufiger. Eine Präeklampsie (schwangerschaftsbedingte Erkrankung, die im letzten Schwangerschaftsdrittel als Spätgestose mit Ödemen; Proteinurie und Hypertonie auftritt) ist bei 14 Prozent zu beobachten und die perinatale Mortalitätsrate liegt bei 60 von 1000 Lebendgeburten für Mütter mit Typ 1-Diabetes und Präeklampsie.

Kontrolle ist das A und O
Insgesamt sind die optimale und individuelle Einstellung der Insulindosis und eine angepasste Ernährung unentbehrlich. Regelmäßig ist die Überprüfung der Nierenfunktion, der Retina und selbstverständlich der Blutzuckerwerte (gute Stoffwechsellage) notwendig.

Um Komplikationen während der Schwangerschaft zu vermeiden, gelten folgende Einstellungskriterien der Deutschen Diabetes Gesellschaft für den Blutzuckerspiegel:
• Blutzucker nüchtern: 90 mg/ dl

• Blutzucker eine Stunde nach dem Essen: 140 mg/ dl

• Blutzucker zwei Stunden nach dem Essen: 120 mg/ dl

• Eine regelmäßige Selbstkontrolle des Blutzuckers durch die Schwangere versteht sich von selbst. Dazu gehören:

• jeweils vor und 1½ Stunden nach den Hauptmahlzeiten und abends vor dem Schlafengehen

• der HbA1c-Wert soll im Normbereich liegen

• Nüchternblutzuckerwerte morgens bzw. vor den Hauptmahlzeiten unter 100 bis etwa 60 mg/dl bzw. 5,6 bis etwa 3,3 mmol/I

• Blutzuckerwerte, die 1½ Stunden nach den Mahlzeiten gemessen werden, sollen 120 mg/dl (bis 140 mg/dl) bzw. 6,7 mmol/1 (bis 7,8 mmol/I) nicht überschreiten

• kein Aceton im Nachturin

• Aceton im Nüchternurin morgens

Während der Schwangerschaft sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen nötig:

alle 2 Wochen
Tagebuchbesprechung beim Diabetologen

Körpergewicht

Blutdruck, Blutzucker, bei der Vorstellung Urinstatus, ggf. Sediment und –kultur

alle 4 Wochen
HbA1c

quantitativ Glukose und Eiweiß im 24 h-Urin

alle 3 Monate
augenärztliche Konsiliaruntersuchung, Kontrolle des alpha-1-Fetoproteins in der 17. Woche