Inhalatives Insulin: Stand der Entwicklung
Erste Versuche mit der Inhalation von Insulin fanden bereits in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts statt, unmittelbar nach der Entdeckung des Insulins. Eine Wiederbelebung der damals noch erfolglosen Ansätze erfolgte jedoch erst in den letzten Jahren, nachdem durch neue Technologien eine bessere, d. h. vor allem gleichmäßigere Aufnahme des inhalierten Insulins in den Körper erreicht wurde, denn technische Feinheiten erschwerten die Entwicklung der innovativen Substanzen.

Die Entwicklung des inhalativen Insulins ist ausgesprochen anspruchsvoll, da die Insulinpartikel, also die kleinen "Insulintröpfchen“, eine sehr gleichmäßige Größe zwischen drei und fünf Mikrometer aufweisen müssen. Größere Insulinpartikel würden einfach in den großen Atemwegen, d. h. der Luftröhre und den Bronchien, hängen bleiben, wo sie auf Grund der dort viel dickeren Schleimhaut nur unzureichend ins Blut aufgenommen werden könnten. Kleinere Partikel würden ebenfalls nicht hinreichend resorbiert.
Kooperationen ermöglichen teure Entwicklung

Auf Grund der sehr hohen Entwicklungskosten wird das inhalierbare Insulin nicht von einzelnen Firmen, sondern jeweils gemeinsam von mehreren Firmen entwickelt. Am weitesten fortgeschritten ist die Firmengruppe Pfizer, Aventis und Inhale Corp., deren inhalatives Insulin bereits die letzte Phase vor der allgemeinen Markteinführung erreicht hat. Eine Substanz von NovoNordisk und Aradigm ist ähnlich weit entwickelt. Mehrere andere Firmen arbeiten auf dem gleichen Gebiet, sind jedoch noch in früheren Stadien.

Da das inhalative Insulin eine neue Darreichungsform darstellt, wird bei seiner Entwicklung sehr viel Wert auf die Sicherheit dieser neuen Therapieform gelegt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass es noch einige Jahre dauert, bis es außerhalb von klinischen Studien zum Einsatz kommt.

Wozu eigentlich inhalatives Insulin?

Obwohl das Insulin seit seiner Entdeckung, also seit gut 80 Jahren, gespritzt wird und die Therapie durch zahlreiche technische Fortschritte, beispielsweise die Entwicklung von Pens und sehr feinen Nadeln, heute viel einfacher ist, stellt das „Spritzen“ nach wie vor für viele Patienten eine Belastung dar. Insbesondere Menschen mit Typ 2-Diabetes haben Probleme mit dem Übergang auf die Insulintherapie, weil diese mit mehrmals täglichem Spritzen verbunden ist.

Die subkutane Gabe, d. h. das Spritzen von Insulin in das Unterhautfettgewebe, ist derzeit die einzig mögliche und etablierte Anwendungsform von Insulin. Denn Insulin ist ein Eiweiß und kann deshalb nicht einfach wie andere Medikamente geschluckt und dann im Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden - unser Verdauungssystem würde es zerlegen, bevor es an seinen Wirkort gelangt. Daher gibt es Bestrebungen, inhalative Insuline zu entwickeln. Wie die subkutan anzuwendenden Insuline würden sie den Magen-Darm-Trakt umgehen, wären jedoch in der Anwendung deutlich angenehmer.
Wirkung optimieren
Außerdem gibt es einen weiteren Grund, der für die Entwicklung anderer Darreichungsformen des Insulins spricht: Denn Wirkgeschwindigkeit und -dauer des subkutan gegebenen Insulins entsprechen nicht der normalen Wirkung des körpereigenen Insulins. Das subkutan gegebene Insulin wirkt wesentlich langsamer, dafür aber länger als unser körpereigenes Insulin, und die Insulinkonzentration im Blut bleibt nach der subkutanen Gabe über mehrere Stunden erhöht. Durch die Entwicklung von gentechnisch veränderten Insulin-Analoga konnte die Insulinwirkdauer zwar deutlich verringert werden, völlig normalisiert ist sie jedoch auch bei diesen neuen Substanzen nicht. Die Entwicklung des inhalativen Insulins erfolgt daher nicht nur mit der Zielsetzung des besseren „Komforts“, sondern auch mit dem Ziel einer nahezu normalen Insulinwirkdauer und -geschwindigkeit.