Was kann die Insulinpumpentherapie?
Weltweit gibt es derzeit mehr als 200.000 Diabetes-Patienten, die mit einer Insulinpumpe behandelt werden. Alleine in den USA haben ca. 130.000 Menschen mit Typ 1-Diabetes diese Form der Therapie gewählt. Nach aktuellen Schätzungen belaufen sich die Zahlen in Deutschland auf ca. 20.000 Patienten mit Typ 1-Diabetes. Viele der Patienten berichten nach ihrer Umstellung auf die Insulinpumpentherapie über ein nie gekanntes Maß an Freiheit und Flexiblität im beruflichen und privaten Leben.

Studien haben diesen Gewinn an Lebensqualität durch die Pumpentherapie belegt. Darüber hinaus ergaben Untersuchungen, dass die Insulinpumpentherapie die Stoffwechseleinstellung verbessert und die Häufigkeit von Unterzuckerungen vermindert. Dies alles gelingt jedoch nur beim richtigen Einsatz der Therapieform. Der Patient muss sich mit den Besonderheiten der Insulinpumpentherapie intensiv auseinandersetzen, damit sie zum Erfolg führt und ein selbstverständlicher Bestandteil des Lebens wird. Die Vorteile und Chancen der Therapieform liegen in der einzigartigen Möglichkeit, die Insulinzufuhr optimal an den individuellen Bedarf und Lebensrhythmus anzupassen. Gesteuert werden muss die Insulinpumpe aber durch den Patienten, der darüber hinaus weiterhin mindestens vier- bis fünfmal am Tag den Blutzucker messen sollte.
Insulinpumpe ist keine künstliche Bauchspeicheldrüse

Von der Insulinpumpe zu unterscheiden ist die so genannte künstliche Bauchspeicheldrüse, die in der Lage ist, kurzfristig z. B. bei Operationen oder Entbindungen die Behandlung des Diabetes selbstständig zu übernehmen, indem sie den Blutzucker misst und selbstanpassend die erforderliche Menge Insulin abgibt. Die hohen Erwartungen an diese sehr neue Methode können für den täglichen Gebrauch allerdings heute noch nicht erfüllt werden. Durch aktuelle Forschungen insbesondere im Bereich der automatischen Blutzuckermessgeräte (Glukosesensoren) werden sich hier jedoch vermutlich in den nächsten Jahren neue Perspektiven eröffnen.

Wie funktioniert die Insulinpumpentherapie?

Das technische Prinzip der Insulinpumpentherapie beruht auf einer automatischen Abgabe von schnell wirksamem Insulin, die der Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse nachempfunden ist und den Grundbedarf (Basalrate) deckt. Zusätzlich können vom Patienten durch Tastendruck oder via Fernsteuerung für den Mahlzeiten- oder Korrekturbedarf weitere Insulingaben ausgelöst werden.

Die Insulinpumpe selbst ist kaum größer als eine EC-Karte, sie wiegt ca. 100 g (s. Abb. 1 und 2) und kann beispielsweise in der Hosentasche getragen werden. Das Gerät ist mit dem so genannten Katheter verbunden, einem dünnen Schlauch, dessen Spitze unter der Haut des Patienten (subkutan) liegt. Dieser Katheter kann ganz unproblematisch vom Patienten selbst gewechselt werden. Dies sollte alle 24, spätestens alle 48 Stunden geschehen.

Zu Beginn der Behandlung wird mindestens eine Basalrate, meist die Standard-Basalrate für den normalen Alltag, individuell ermittelt, entsprechend programmiert und dann von der Pumpe automatisch appliziert. In Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker-Wert, von der gewünschten Mahlzeit und gegebenenfalls vom Korrekturbedarf ruft der Patient manuell zusätzliche Insulinmengen (Boli) ab, die dann ebenfalls durch die Pumpe via Katheter unter die Haut appliziert werden.
Insulin in Patronen

Die Insulinpumpe enthält eine auswechselbare Insulinpatrone, die in der Standardversion (z.B. bei Accu-Chek® Spirit Roche Diagnostics) 3,15 ml Insulin der Verdünnung U 100 (315 I.U. Insulin) beinhaltet. Je nach individuellem Insulinbedarf reicht diese Menge für vier bis sechs Tage. Die Pumpe kann am Gürtel, in der Hosentasche oder an einer Kordel um den Hals getragen werden - ganz nach Vorliebe des Patienten. Durch technische Neuentwicklungen, wie die teilbaren Katheter, ist auch ein kurzfristiges Ablegen der Pumpe unproblematisch.
Die Insuline

Aktuell sind zwei Normalinsuline und zwei Insulin Analoga für den Gebrauch in Insulinpumpen zugelassen. Effizienz, Sicherheit und Pumpenkompatibilität sind für alle zugelassenen Insuline gezeigt. Jedoch haben große Studien (z.B. die Deutsche Humalog-Pumpenstudie) für eines der beiden Analoga ergeben, dass es zu einer Verbesserung der Stoffwechseleinstellung bei größerer Flexibilität und niedrigerer Hypoglykämierate führt. Zu dem zweiten, erst Anfang 2002 zugelassenen Insulin Analogon gibt es zwar vergleichsweise weniger Daten, doch es dürfte potentiell vergleichbar sein. Daher stellen die schnell wirkenden Analoga vermutlich die optimalen Pumpeninsuline dar.

Potentielle Risiken der Analoga sind ein gering erhöhtes Hyperglykämierisiko bei Unterbrechung der Insulinzufuhr und die noch unzureichenden Daten beim Einsatz in der Schwangerschaft. Hier sollte die Indikation zum Einsatz von Analoga zurückhaltend gestellt werden. Bei niedrigem Insulinbedarf und damit verbunden auch niedrigen Flussraten kann der Zusatz von Genapol das Risiko von Katheterobstruktionen vermindern. Diesem Aspekt kann durch entsprechende Auswahl des Pumpeninsulins Rechnung getragen werden.
Die Geräte

In Deutschland erzielen derzeit die Insulinpumpen der Firma Roche Diagnostics die größten Marktanteile (Modelle D-TRONplus und Spirit). Ebenfalls sehr weit verbreitet sind die Insulinpumpen der Firma Medtronic MiniMed mit der Pradadigm. Die Insulinpumpen haben alle hinsichtlich Stabilität, Präzision, Alarmsystemen sowie Bedienungskomfort einen hohen Standard und sind technisch weitgehend ausgereift. Neueste Entwicklungen, wie Infrarotschnittstelle, Vibrationsalarm, beleuchtete Anzeige und alternative Basalratenprofile, stellen zusätzliche Funktionen dar, die den individuellen Patientenwünschen entsprechen.